AK-Meeting 01/2019: „Wins & Fails“ in der Praxis der Neukundenakquise

Besucher-Rekord! Am 21. Januar waren Praxis-Beispiele gefragt. Die „Wins & Fails“ waren offensichtlich spannend für viele Teilnehmer des VDI Arbeitskreises „Technischer Vertrieb“ in Dresden. Denn im Augustiner an der Dresdner Frauenkirche diskutierten diesmal knapp 30 Vertriebspraktiker rege. Beiträgen gab es von drei Mitgliedern. Bereits im Oktober hatten wir uns mit grundlegenden Methoden der Neukundengewinnung beschäftigt. Nun waren konkrete Beispiele zur Praxis der Leadgenerierung gefragt: Geschäftsbrief, E-Mail-Kampagnen und Events. Sie alle können zu Erfolg im Lead Management führen. Dabei profitierten alle sowohl von positiven Beispielen als auch von eindrucksvoll geschilderten „Lernerfahrungen“…

WIN: Geschäftsbriefe sorgen für Aufmerksamkeit

Es gibt ihn noch: den guten alten Geschäftsbrief. Auch wenn heute täglich hundert- oder gar tausendmal mehr E-Mails verschickt werden als traditionelle Anschreiben. Das erklärte Emnis-Geschäftsführer Tobias Zimmer. Welche Berechtigung haben gedruckte Sendungen jenseits von Behördenpost, wenn doch digital alles so viel schneller und quasi zum Nulltarif befördert wird?

Der Werbebrief gehört schon lange zur Praxis der Neukundenakquise.
Werbebrief
Globol-Mottenmittel (1949)

Die erzielbare Aufmerksamkeit ist höher, weil Briefe seltener sind. Und während bei lästigen Werbe-E-Mails ein Mausklick reicht, um sie zu entsorgen. Briefe muss man erst zum Papierkorb oder Aktenvernichter tragen. Das passiert gut gemachten und durchdachten Geschäftsbriefen deshalb seltener.

Das eine, ganz sichere Patentrezept gäbe es nicht, führte Zimmer weiter aus. Persönliche Note, kurz, prägnant, klare Sprache, Verzicht auf komplizierte Schachtelsätze und keine gestelzten Formulierungen lauteten die eher allgemein gehaltenen Ratschläge. „Wenn jeder gute Geschäftsbriefe schreibe, sind sie bald nichts Besonderes mehr“, so Zimmer. Ob Büttenpapier oder nicht – eine handschriftliche Signatur sei Pflicht, vorzugsweise mit Tinte.

Konkreter wurde es dann mit drei realen Fallbeispielen: Terminavise, Unterlagenversand und Veranstaltungseinladungen – die eigentliche Leistung des Unternehmens wird nie sofort beworben, sondern nur ein nächster konkreterer Schritt auf dem Weg zum Geschäftsabschluss. Die genannten Beispiele waren mehrstufig d.h. eine Abfolge aufeinander abgestimmter Anschreiben und einem oder mehreren Telefonaten.

Zahlreiche Nachfragen aus dem Publikum belegten, dass klassische Geschäftsbriefe auch heute noch aktuell sind, zum Beispiel im Erstkontakt bei Neuakquise, mit teils beachtlichen Erfolgsquoten von 20 Prozent und mehr. Allen Fällen ging eine Empfängerrecherche und sorgfältige Selektion voraus. Kleine Auflagen vermeiden Streuverluste, verbessern Nachfassbarkeit und Quote und senken den Gesamtaufwand.

FAIL? Learning! – Marketing & Sales Alignment nötig

Seine Erfahrungen mit der Betreuung von Interessenten reflektierte anschließend Jens Vogt, Leiter Internationaler Vertrieb beim Wärembildkamera-Hersteller Infratec.

Kampagnenplanung durch Marketing

Das Unternehmen plante eine Marketing-Kampagne zum Einsatz von Wärmebildkameras in der vorbeugenden Instandhaltung. Hier handelte es sich nicht um einen Geschäftsbrief sondern um ein Massen-E-Mailing. Es adressierte eine im Rahmen einer Buying Center Analyse festgelegte Zielgruppe. Die Herausforderung bestand darin, in möglichst kurzer Zeit eine Mehrheit der relevanten Personen direkt anzusprechen.

Zunächst kaufte infratec die notwendigen Adressen ein. Eine Agentur entwarf das E-Mail-Anschreiben. Dabei sorgten ein Fixierbild und wenig Text für die schnelle Erfassbarkeit der Botschaft und die Aktivierung der Zielperson. Diese gelangte beim Anklicken des prominent gestalteten Call-to-Actions (CTA) auf eine personalisierte Landing Page. Bei deren Gestaltung wurde gezielt auf das Kundenwissen des Innendienstes zurückgegriffen.

Übergabe an den Vertrieb klar definieren

Falle in der Praxis der Neukundenakquise - wie Hans-guck-in-die-Luft nicht den gesamten Weg (Vermarktungsprozess) bedenken
Den gesamten Weg bedenken…

Auf der Landing Page war ein Produktführer verfügbar. Beim Besuch der Seite erhielt der betreuende Inside Sales-Kollegen in Echtzeit eine Nachricht. Er sollte den gewonnenen Lead umgehend weiterqualifizieren.

Bis hierhin funktionierte die Kampagne auch überaus erfolgreich und produzierte Leads. Der Einbruch der „Conversion“ trat im anschließenden Prozess der Qualifizierung auf. Es handelte sich für die Kollegen um zusätzliche Tätigkeiten. Sie waren neben den üblichen Aufgaben zu erledigen. Die guten Ergebnisse der Kampagne wurden dadurch behindert. Offenbar war der Vermarktungsprozess hier nicht „End to End“ optimiert. Verbesserungen waren nötig an der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb. Dieses Thema tritt in vielen ausdifferenzierten Unternehmen mit getrennten Abteilungen auf, welche alle am Vermarktungsprozess beteiligt sind. Die Abstimmung der „Schlagzahl“ ist wichtig und zeigt, wie weit das sogenannte Marketing & Sales Alignment gehen muss. Eine umfassendere Planung notwendiger Ressourcen gehört heute grundsätzlich zu jeder Kampagne bei infratec. Dabei werden neben den Kosten für die Kreation auch die internen Abläufe und Verfügbarkeiten berücksichtigt,

Social Media zur Leadgewinnung – Hypothesen testen

Mit der Vermarktung der HighEnd-Kameraserie ImageIR in U.K. im Wissenschaftsbereich beschrieb Vogt einen weiteren Fall. Dabei sollten junge Wissenschaftler über Social Media als Leads gewonnen werden. Dafür lobte infratec einen Ideenwettbewerb aus. Der in Aussicht gestellte Preis war die kostenfreie Überlassung einer Wärmebildkamera für den Zeitraum der Realisierung des eingereichten Projekts.

Facebook war für die Kommunikation des Wettbewerbs der gewählte Kanal. Dies geschah auf Basis der Hypothese, dass die Zielgruppe dieses Medium nutzte. Leider zeigte die einstellige Zahl von Einreichungen, dass diese Hypothese zu falsifizieren war.

Die Teilnehmer diskutierten zum einen über die Notwendigkeit von Hypothesen. Die von der Zielgruppe genutzten Touchpoints wären mittels Customer Journey Analyse aufdeckbar gewesen. Dann wären die Ausgaben für die vermeintlich falsch geplante Kampagne vermeidbar gewesen – so eine Argumentation. Dazu hätte es jedoch konkreter Informationen über die Kanalnutzung bedurft. Sind diese – etwa auf Grund einer hypothesengeleiteten Persona-Analyse – nicht vorhanden, hilft nur eine Befragung der potenziellen Kunden. Dies hätte ebenso einen Aufwand dargestellt wie das Testen der Hypothese an der Realität. Insofern ist das gewählte Vorgehen als Wissensgewinn zu bewerten, der in jedem Fall Ressourcen verbraucht hätte.

Nach Fokussierung mit Podcast und Events zum Erfolg

Die Vermarktung von Dienstleistungen bringt eigene Herausforderungen mit sich. Darüber berichtete Eric Oesselmann von der SAR Business Solutions GbR, einem StartUp aus dem B2B Consulting. Eine Herausforderung junger Unternehmen ist das Finden eines marktfähigen Leistungsangebots. Meist ist das vorhandene Wissen über die Nachfrage geringer als das über die eigenen Fähigkeiten. Facettenreiche Kompetenzen werden zunächst oft für ein sehr breites Klientel eingesetzt.

Erst die konsequente Ausrichtung auf die Zielgruppe, bei der die Resonanz auf das Angebot besonders groß war, führte SAR zu großem Erfolg . Drei Erfolgskriterien stellte Oesselmann als notwendiges Fundament für die erfolgreiche Akquise heraus:

  • die systematische Analyse des eigenen Learnings,
  • die Fokussierung auf eine konkrete Zielgruppe und
  • ihre stringente Analyse mittels Buyer Personas und Customer Journey Analyse.
Podcast "Analog First. Digital Second" - hier Folge 2: Moderner Vertrieb in der IT-Branche.
Unbedingt mal Reinhören….

Heute setzt das Unternehmen auf niederschwellige Einstiegsangebote, über die whitespots beim und mit dem Kunden identifiziert werden. Dadurch wird die Zusammenarbeit von Anfang an nutzbringend. Zur Identifikation neuer Geschäftspotenziale und zur Vermittlung einer emotionalen Bindung des Interessenten setzt SAR gezielt auf Events.
Der alternative Vergütungsmechanismus ist für die meisten Neukunden eine Überraschung. Wie gut der Zugang zur Kernzielgruppe IT-Unternehmen ist, zeigt der sehr erfolgreiche Podcast „Analog First, Digital Second“ – mit und für IT-Unternehmer.

Die erzielten Konversionsraten zwischen den einzelnen Schritten des Vermarktungsprozesses sind durch das ausgeprägte Empfehlungsmarketing und die schnelle persönliche Beziehung sehr hoch. Sie liegen bei 50 bis 60 Prozent je Stufe. Bei einer End to End-Betrachtung werden nach Angaben von Oesselmann aus erhaltenen Empfehlungen überragende 20 Prozent Conversion zu zahlenden Kunden erreicht.

In der Diskussion stellte sich die Frage, wie diese Form der Akquisition mit den Compliance-Regeln großer Unternehmen vereinbart werden könne. Die Frage tritt bei der Mehrzahl der Kunden von SAR nicht auf, da man sich auf IT-Unternehmen mit 40 bis 200 Mitarbeitern konzentriere. Im Übrigen sei es gängige Praxis, insbesondere den Event-Teilnehmern eine Rechnungslegung anzubieten.

Schreibe einen Kommentar