Der B2B-Vertrieb hat eine wesentliche Besonderheit. Kunden sind nicht Einzelpersonen sondern ganz Gruppen von Menschen, die in Organisationen zusammenarbeiten. Sie bestimmen als "Buying Center" gemeinsam die Kaufentscheidung. Die Berücksichtigung ihrer Ziele und Motive ist eine Herausforderung für jeden Vertriebler.
Hinzu treten drei Herausforderungen:
- Jeder Kaufprozess auf Kundenseite durchläuft Phasen. Sie können weder übersprungen noch von außen beschleunigt werden. Der Informationsbedarf der Buying-Center-Mitglieder ist in jeder Phase unterschiedlich. Auch das Vorgehen zur Informationsbeschaffung unterscheidet sich.
- Weiteren Einfluss hat die Art der Kaufentscheidung: Erstkauf, identischer oder modifizierter Wiederholungskauf. Das Vorwissen der beteiligten Personen ist jeweils unterschiedlich. Je geringer es ist (z.B. beim Erstkauf), desto höher ist die subjektiv wahrgenommene Unsicherheit, die sich mit der Kaufentscheidung verbindet.
- Diese steigt ebenfalls mit der Komplexität von Produkten und Leistungen. Die Kundenvertreter können bei komplexeren Käufen schlechter überschauen, ob die angebotene Leistung den eigenen Anforderungen entspricht. Sie wissen nicht, ob die beschriebenen Eigenschaften überhaupt vorhanden sein werden. Überdies sind Produkte und Leistungen verschiedener Lieferanten nicht direkt vergleichbar. Damit ist das Risiko einer Fehlentscheidung für den potenziellen Kunden tatsächlich groß.
Aufgaben im B2B-Vertrieb
Daher ist es für einen erfolgreichen Verkaufsabschluss notwendig,
- die verschiedenen Beteiligten beim Kunden zu identifizieren,
- ihre Rollen im Buying Center aufzuklären,
- ihre jeweiligen Motivationen und Machtposition zu verstehen,
- die Phase der aktuellen Kaufentscheidung zu eruieren und
- die Argumentation und Darstellung des eigenen Angebots entsprechend auszurichten.
Diese Aufgaben sind für alle B2B-Vertriebler gleich. Dabei ist es das Ziel, die empfundene Unsicherheit beim Kunden zu lindern. Durch Beratung (Consultative Selling) und durch die Arbeit mit Referenzen ("Überzeugen durch Zeugen") ist das möglich.
Die genannten Aufgaben sind auf dem Weg vom potenziellen Interessenten (Lead) bis zum erfolgreichen Abschluss des Projekts (Umsatz - in Englisch "Revenue") zu erledigen. Diesen Prozess beim Anbieter nennen wir deshalb Lead-to-Revenue-(L2R)-Prozess.
Vertriebsziele sind zu erfüllen. Daraus resultiert hoher Druck auf die gesamte Vertriebsmannschaft. Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind dabei ad-hoc eher begrenzt. Durch Art der Kaufentscheidung und aktuelle Entscheidungsphase beim Kunden wird ausgeübter Druck als unangenehm empfunden. Gewonnenes Vertrauen wird so verspielt. Kürzere Vertriebszyklen lassen sich dagegen durch bessere Vorqualifizierung von Interessenten erreichen.
Unterstützung durch Marketing
Dazu muss es Marketing gelingen, kaufwillige Interessenten zu finden (Demand Generation). Diese sind solange weiterzuentwickeln, bis die Kaufbereitschaft vorhanden ist. Die Kenntnis des erwarteten Projektstarts bzw. Produktkaufs (Timeline) ist also eines der Kriterium in der BANT-Qualifizierung.
Was aus Sicht des Vertriebs eine gute Vorqualifizierung noch ausmacht, sollten Marketing- und Vertriebsabteilung miteinander aushandeln. Dabei ist auch die Reaktionszeit des Vertriebs bei Übergabe von durch das Marketing qualifizierten Leads (MQL) zu vereinbaren. Während die Verantwortung für das Lead Management bis zum MQL beim Marketing liegt, ändert dies sich mit erfolgreicher Übergabe. Denn nach der Übernahme durch den Vertrieb wechselt die Verantwortung für die weitere Bearbeitung: aus dem MQL wird ein SAL - ein von Sales akzeptierter Lead, der vom B2B-Vertrieb weiterverfolgt wird.
Ob und wann die Übergabe von Marketing an den persönlichen Vertrieb erfolgt, ist von der Art der angebotenen Leistung abhängig. Vereinfacht kann man sagen: Je geringer deren Komplexität, desto wahrscheinlicher ist die Automatisierung des Verkaufs durch einen Onlineshop. Auch hier sind klare Übergabestellen zwischen Marketing und eCommerce-Team zu vereinbaren.